„Ein großer Schritt auf dem Weg zu neuer Stärke“ – Ergebnisse des SPD-Bundesparteitags

09.11.2010: Resumee der DL21 zum SPD-Bundesparteitag

Der außerordentliche SPD-Bundesparteitag am 26. September in Berlin und seine Beschlüsse haben das Profil der SPD als linke Volkspartei gestärkt. Bereits im Vorfeld konnten wir viele Inhalte und Vorstellungen in die (Leit-) Anträge einbringen. Und auch auf dem Parteitag wurden weitere Akzente gesetzt. Mit einem Programm „links von der Mitte“ kann die SPD eigene Mehrheiten und neue gesellschaftliche Bündnisse anstreben. Der inhaltliche Erneuerungsprozess der SPD hat weiter Fahrt aufgenommen.

Dies ist auch dringend erforderlich aufgrund der katastrophalen und ungerechten Politik der schwarz-gelben Bundesregierung: Die Kopfpauschale und der Einstieg in ein unsolidarisches Gesundheitssystem, der zynische Streit um die Erhöhung der Hartz IV-Regelsätze um 5€, ein weitestgehend leeres Bildungspaket für die Kinder von ALGII-Empfängern, die Steuergeschenke an die „Mövenpick-Hoteliers“ und die Laufzeitverlängerung für die Atomkraft-Lobby zeugen von einer Politik zugunsten der Privilegierten auf Kosten der Armen. In diesen Tagen und Wochen wird deutlich: Deutschland braucht wieder eine starke SPD um dieser Politik ein Ende zu bereiten. Mit den Beschlüssen des Parteitags sind wir diesem Ziel einen großen Schritt näher gekommen.

Der Parteitag beschloss mit großen Mehrheiten Eckpunkte für eine Neuausrichtung in der Steuer-, Renten- und Arbeitsmarktpolitik. Damit wurden wichtige Korrekturen aus elf Jahren Regierungszeit vorgenommen. Gerade in der Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Steuer- und Finanzmarktpolitik konnte die SPD-Linke eine Vielzahl ihrer Vorstellungen für eine Politik, die mehr Gerechtigkeit für alle und nicht Reichtum für wenige bedeutet, durchsetzen.

Auf dem Parteitag ist deutlich geworden, dass ein anderes Wirtschafts- und Fortschrittsmodell notwendig ist, das der sozialen Spaltung entgegenwirkt, für Verteilungsgerechtigkeit sorgt und der Staat als „Steuerungsinstanz“ gestärkt wird. Nach den Erfahrungen mit der Finanzkrise muss dem Staat wieder eine stärkere Rolle zuteil kommen und die Schwächung des Sozialstaats muss gestoppt werden. Wir brauchen eine ökologische Industriepolitik, die als „Wachstumstreiber“ Spielraum für höhere Beschäftigung und Löhne schafft.

Die SPD-Linke gegrüßt den Beschluss zu einem bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro und das Leiharbeiter „nach einer kurzen Einarbeitungszeit“ den gleichen Lohn bekommen wie Stammbeschäftigte. Durchsetzen konnte wir uns schließlich auch mit der Forderung, dass das Arbeitslosengeld I sechs bis zwölf Monate länger gezahlt werden soll, wenn Arbeitslose sich weiterqualifizieren. Nach dem Recht auf die Förderung eines Schulabschlusses sollen junge Leute zudem einen „Anspruch auf eine Berufsausbildung durch staatliche Förderung“ bekommen. Mit diesen Beschlüssen sind wir dem Ziel eines „sozialen Arbeitsmarkts“ näher gekommen. Für uns bleibt aber zentral, dass dieser nicht nur fair sondern auch gerecht ist (siehe Lambertin/Hiller-Papier).

Das Forum DL21 begrüßt die getroffenen Eckpunkte für ein gerechteres Steuersystem. Unsere langjährige Forderung nach einem höheren Spitzensteuersatz wurde umgesetzt. Zusammen mit den Jusos konnten wir außerdem durchsetzen, dass am Ende jede Veränderung der Einkommensteuer zu Mehreinnahmen führen muss. Somit können die öffentlichen Haushalte entlastet und Zukunftsinvestitionen getätigt werden.

Der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer soll von 42 auf 49 Prozent steigen, allerdings erst ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 100.000 Euro (derzeit 53.000) für Ledige und 200.000 Euro (derzeit 105.000) für Verheiratete. Die bestehende Reichensteuer soll in dem höheren Spitzensteuersatz aufgehen. Die Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf Kapitaleinkünfte soll angehoben werden. Die Vermögensteuer soll wieder eingeführt und das Aufkommen für höhere Bildungsausgaben genutzt werden.

Die genauen Einzelheiten des Steuerkonzepts werden erst auf dem nächsten Parteitag im Herbst 2011 beschlossen. Bis zum Parteitag 2011 soll geprüft werden, ob eine Änderung des Steuertarifverlaufs für eine Entlastung im unteren und mittleren Einkommensbereich möglich ist und ob es Möglichkeiten für höhere Steuerzuschüsse an die Sozialversicherungen gibt. Das Forum DL21 freut sich darauf diesen Prozess zu begleiten und an einem sozialdemokratischen Konzept eines gerechten Steuersystems mitzuarbeiten.

Die von der SPD-Linken lange Jahre geforderte Finanztransaktionsteuer (Tobin-Tax) ist endlich SPD-Beschlusslage geworden: Eine Finanztransaktionssteuer auf Börsengeschäfte in Höhe von 0,05 Prozent des Umsatzes kann somit zwölf bis 30 Milliarden Euro Mehreinnahmen bringen.

Das Forum DL21 begrüßt die beschlossene Aussetzung der Rente mit 67. Hiermit ist ein wichtiger Schritt für die Glaubwürdigkeit der SPD beim Thema soziale Gerechtigkeit getan worden. Die SPD-Linke hat immer darauf hingewiesen, dass angesichts der fehlenden Beschäftigungschancen für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Rente mit 67 als faktische Rentenkürzung wirkt. Viele Menschen sorgen sich zu recht um ihre Altersversorgung, wenn einerseits nur ein geringer Teil der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer noch sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist und andererseits viele Menschen in Berufen mit hohen physischen und psychischen Anforderungen arbeiten, die ein Erreichen des künftigen abschlagsfreien Renteneintrittsalters in gutem gesundheitlichen Zustand zumindest fragwürdig erscheinen lassen. Mit dem Parteitagsbeschluss ist klar, dass:

  • eine Quote der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei den 60 – 64 Jährigen – einschließlich der Altersteilzeit – auf mindestens 50 Prozent (derzeit: 21,5 Prozent) die Voraussetzung für ein späteres Renteneintrittsalter ist.
  • flexible Übergänge für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nötig sind, die aufgrund hoher körperlicher oder psychischer Belastungen das gesetzliche Rentenalter nicht erreichen können und die weitere drastische Renteneinbußen infolge einer Anhebung der gesetzlichen Altersgrenze ausschließen.

Eine Parteikommission unter Führung von Kurt Beck, Olaf Scholz, Ottmar Schreiner und Elke Ferner zur "Zukunft der Alterssicherung" soll ein Konzept für flexible Rentenübergänge ausarbeiten. Das Forum DL21 wird auch diesen Prozess aktiv mitgestalten.

Wir begrüßen zudem die vom Parteitag beschlossene Resolution die schwarz-gelben Atompolitik der verlängerten Laufzeiten „mit allen Mitteln" rückgängig zu machen sowie die Resolution zur Integrationspolitik. Die SPD-Linke hat zu Letzterem in den vergangenen Monaten viele Vorschläge gemacht. (siehe: Böhning/Rossmann-Papier). Nun kommt es darauf an, diese in ein kohärentes sozialdemokratisches Bildungs- und Integrationspolitisches Konzept und in die aktive politische Arbeit einzubringen.


Vorsitzender: Björn Böhning,
Stellvertretender Vorsitzender: Niels Annen
Geschäftsführer: Veit Swoboda

Zugehörige Dateien:
Resumee SPD Bundesparteitag für DL21-Newsletter.docDownload (137 kb)
  • Seite bei Twitter teilen
  • Seite bei Facebook teilen
  • Seite bei Google bookmarken
  • Seite bei Live bookmarken
Nachrichten