Berliner Immobilien Holding GmbH – BIH

23.12.2010: Von Torsten Schneider, MdA

Die BIH mit Sitz in Berlin (Kreuzberg) hat 460 Mitarbeiter und ist ein Immobilienkonzern mit einem operativen Gewinn 2009 von 18 Millionen Euro. Einziger Gesellschafter der BIH ist das Land Berlin. Die wesentliche Konzernsubstanz sind die rund 600 Objekte/Anlagen (davon 16 im Ausland) mit ihren 41.100 Mieteinheiten, davon 38.300 Wohnungen und 2.800 Gewerbeeinheiten. 20.000 dieser Wohnungen liegen in Berlin. Das Mietvolumen beträgt 417 Mio. Euro pro Jahr. Die BIH ist einer der 20 größten Vermieter Deutschlands mit 6,81%iger Gewerbequote und damit wohnungspolitisch relevant (Gewerbequote HOWOGE: 15,0%). Der Wert der BIH wird – ohne zugrunde liegende Begutachtung – auf zwischen 4 und 9 Milliarden Euro angenommen. Die BIH verwaltet 29 Immobilienfonds, denen die Mietobjekte zugeordnet sind. Während diese Fonds 2006 zu rund ¼ dem Land Berlin gehörten, haben wir unseren Anteil mit Zahlungen von bisher 2 Milliarden Euro auf derzeit etwa 96 % strategisch erhöht und kaufen derzeit weiter. Zu-gunsten der Fondszeichner (Teileigentümer) hatte das Land Berlin 2002 nämlich eine sog. Risiko-abschirmung beschlossen und zu diesem Zweck ein Sondervermögen von 4,62 Milliarden Euro gebildet; was uns aber gehört, brauchen wir nicht länger abzuschirmen. Für diese Abschirmung (Erfüllungsübernahmen und Buchwert- und Kreditgarantien einschließlich Zinsen) wurden bisher 2,14 Milliarden Euro ausgegeben, so dass vom Land insgesamt (mit Anteilserwerb) rund 4 Milliar-den Euro gezahlt wurden. Die restlichen ca. 600 Millionen Euro müssen den restlichen Anteilser-werb von 4 % decken, so dass uns dann 100% aller Fonds gehören; der Senat selbst ging bisher davon aus, dass alle Risiken mit dem Sondervermögen abgedeckt sind.

Der Finanzsenator scheint eine neue Risikobewertung zu haben, die aber sein Geheimnis bleibt und beabsichtigt, die BIH samt ihrer 20.000 Berliner Wohnungen ohne oder mit symbolischem Kaufpreis einem Londoner Investor zu übertragen. Dies wäre eine der größten Privatisierungen von Wohnimmobilien der Nachkriegsgeschichte, die in Berlin zahlreiche politische Fragen aufwirft. Der Privatisierung stehen die Grünen und Die Linke kritisch gegenüber, die FDP und die CDU be-fürworten sie grundsätzlich. Die CDU erhofft sich vor allem eine Neubewertung des Berliner Ban-kenskandals von vor 10 Jahren und die Grünen dessen erneute politische Debatte im Wahlkampf.

Ein Londoner Menschenfreund nimmt uns also das unbekannte „Risiko“ ab, dass wir uns selbst auf Zahlung von Mietgarantiedifferenzen in Anspruch nehmen und bekommt dafür die BIH, die wir ge-rade für dann insgesamt 2,5 Milliarden Euro zu 100% erworben haben. Dank eines Vorkaufsrechts erwerben wir dann aber die uns heute schon gehörenden 20.000 Berliner Wohnungen nochmal zum Preis von etwa 2 Milliarden Euro zurück. Dieses „sale and buy back“ wird Geschichte schreiben; so sehr ließe sich nicht einmal Frau Künast einseifen. Trotzdem treibt der Finanzsenator mit eindimensionalem Bauchgefühl diese Privatisierung voran. Die BL hat in der Sache der Privatisierung der BIH der geltenden Beschlusslage der Berliner SPD entsprechend am 18. Dezember 2010 wie folgt votiert: „Da SenFin trotz des mehrmonatigen Dis-kussionsprozesses und trotz der gezielten Abfrage konkreter Daten zur Frage der realen Risiken für den Landeshaushalt nicht in der Lage oder nicht willens war, ein nachhaltiges und relevantes Risiko zu unterlegen, lehnt die BL einen Verkauf der BIH ab.“

Nachdem sich ein ganzer SPD-Parteitag mit strategischen Fragen der Rekommunalisierung be-fasst hat, die SPD heute viele Privatisierungen der Vergangenheit als Fehler einschätzt (Wasser-betriebe etc.) und ein im Verhältnis unbedeutendes Projekt A 100 vom Landesparteitag entschieden wurde, sollte diese strategische Bruchentscheidung nicht ohne Votum eines Landesparteitages durch gefummelt werden; insoweit wäre ein Beschluss des Landesvorstandes oder von 4 Kreisdelegiertenversammlungen nötig.

  • Seite bei Twitter teilen
  • Seite bei Facebook teilen
  • Seite bei Google bookmarken
  • Seite bei Live bookmarken
Nachrichten