Kandidatenbrief Jan Stöß

23.04.2012: Mitgliederbrief von Jan Stöß, Sprecher der Berliner Linken in der SPD, für seine Kandidatur als Landesvorsitzender.

Kandidatur als SPD-Landesvorsitzender

Liebe Genossinnen und Genossen,

mit der Abgeordnetenhauswahl im vergangenen September und der Koalition mit der CDU haben wir ein neues Kapitel in der Berliner Landespolitik aufgeschlagen. Die Berliner SPD will und wird diese Koalition zum Erfolg führen. Wir werden die dort gefundenen Kompromisse mittragen und die Fraktion im Abgeordnetenhaus und die SPD-Mitglieder im Senat mit ganzer Kraft unterstützen.

Zugleich haben wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die Pflicht, auch über die Koalition hinaus zu denken und eigenständige sozialdemokratische Lösungen für die anstehenden Probleme in jedem einzelnen Bezirk, im Land, im Bund, aber auch in Europa zu erarbeiten. Wir dürfen uns in der Regierungsverantwortung nicht ausruhen. Deshalb habe ich mich nach reiflicher Überlegung, nach vielen Gesprächen mit Genossinnen und Genossen und in den Gremien dazu entschlossen, auf dem nächsten Landesparteitag für den Landesvorsitz zu kandidieren.

Ich habe sehr lange über diesen Schritt nachgedacht und mir diese wichtige Entscheidung wahrlich nicht leicht gemacht. Denn wir alle wissen, was Michael Müller in den vergangenen acht Jahren geleistet hat. Er hat die Berliner SPD in den vergangenen acht Jahren erfolgreich geführt. Nun ist er Senator für Stadtentwicklung und hat damit eines der wichtigsten Ressorts im Senat übernommen.

Die Berliner SPD muss aber unabhängig vom Tagesgeschäft der Koalition ihre ganz eigene sozialdemokratische Haltung zu den Problemen in unserer Stadt – von Renten bis Mieten oder der S-Bahn - finden. Wir sollten bereit sein, manchmal weiter als nur bis zu den Kompromissen des Koalitionsvertrags zu denken. Dazu möchte ich mit meiner Kandidatur meinen Beitrag leisten.

Ich bin 38 Jahre alt, Verwaltungsrichter und Kreisvorsitzender der SPD in Friedrichshain-Kreuzberg. Dort habe ich gelernt, politische Debatten nicht nur anzustoßen, sondern sie auch zu gemeinsam getragenen Beschlüssen zu führen.

Meine Erfahrung hat mich gelehrt: Nur wenn wir inhaltlich um den besten Weg ringen und den am Ende gefundenen Kompromiss gemeinsam tragen, können wir erfolgreich sein. Und: nicht jede inhaltliche Auseinandersetzung gefährdet unsere Geschlossenheit. Im Gegenteil. Eine Partei, die nicht diskutiert, sondern Ansagen „von oben“ folgt, ist langweilig. Und es fehlt ihr bald auch die Kreativität zur Lösung gesellschaftlicher Probleme.

Die Menschen in Berlin erwarten Antworten von uns: Sie wollen gute Arbeit mit gerechten Einkommen, sie wollen die beste Bildung für ihre Kinder, sie wollen eine funktionierende und preiswerte öffentliche Daseinsvorsorge, sie wollen guten und bezahlbaren Wohnraum, ohne dafür ihr soziales Umfeld verlassen zu müssen.

Alles das sind auch die zentralen Ziele sozialdemokratischer Politik. In den vergangenen zehn Jahren konnten wir dabei viele Erfolge verbuchen, haben aber noch viel vor. So müssen wir uns dringend der steigenden Mieten annehmen. Inzwischen sind viele Familien zum Umzug gezwungen. Doch Wohnen in der Innenstadt darf nicht zum Luxus werden. Und die Berlinerinnen und Berliner müssen spüren, dass die SPD trotz aller Zwänge einer Regierungskoalition ihre Not sieht und an Lösungen arbeitet.

Wir haben in den vergangenen Jahren wichtige Parteitagsbeschlüsse gefasst, beispielsweise zur Sicherung der Daseinsvorsorge. Jetzt kommt es darauf an, diese Beschlüsse mit Leben zu erfüllen. Wir müssen als Berliner SPD klar machen, dass wir es tatsächlich mit einer öffentlich verantworteten und kontrollierten Daseinsvorsorge ernst meinen.

Wenn sich Menschen in dieser Stadt für niedrige Wasserpreise, eine funktionierende S-Bahn, gute Bildung, eine kommunale und bezahlbare Energieversorgung oder gegen Mietsteigerungen engagieren, dann sollten sie unsere politischen Verbündeten sein, selbst wenn wir im Detail uns nicht jede ihrer Forderungen zu Eigen machen. Die Berliner SPD muss wieder verlässliche Partnerin für soziale Initiativen in der Stadt sein. Dafür stehe ich.

Als Volkspartei haben wir zudem die Aufgabe, einen Ausgleich zwischen vielfältigen Einzelinteressen zu organisieren und Kompromisse zu finden. In einer Zeit, wo kraftvoll vorgetragene Partikularinteressen immer wirkungsmächtiger werden, ist es umso wichtiger, dass wir das Gemeinwohl im Blick behalten.

Zur Volkspartei gehören auch die unterschiedlichen Flügel unserer Partei. Sie sprechen unterschiedliche Zielgruppen an, greifen deren Interessen auf und transportieren sie in der innerparteilichen Willensbildung. Deshalb haben die Flügel in der SPD für mich eine wichtige Rolle. Ich möchte mich für ein politisches Klima in der SPD einsetzen, in dem unterschiedliche Meinungen sichtbar sein können und so unsere ganze politische Bandbreite als Volkspartei wahrnehmbar wird. Wenn wir dann allerdings einen Kompromiss gefunden und einen Beschluss gefasst haben, gehe ich davon aus, dass wir ihn auch gemeinsam tragen.

In Berlin werden viele Entwicklungen sichtbar, lange bevor sie in anderen Teilen der Republik relevant werden. Die Berliner SPD muss daher aus meiner Sicht auch ihr bundespolitisches Profil schärfen. Das zu organisieren wird Aufgabe des nächsten Landesvorstandes sein.

Dabei geht es mir um mehr Teilhabe bei der Entwicklung unserer Positionen. Ich will, dass die Partei mit der Gleichstellung von Männern und Frauen auf allen Ebenen endlich ernst macht und vielfältiger wird.

Dies sind große Herausforderungen und die Berliner SPD kann und wird sie bestehen. Gemeinsam mit Euch können wir dafür sorgen, dass die Berliner SPD eine starke politische Zukunft hat. Ich würde mich über Eure Unterstützung sehr freuen.

Mit herzlichen solidarischen Grüßen
Jan Stöß
SPD-Kreisvorsitzender Friedrichshain-Kreuzberg

Weitere Informationen: jan-stoess.de/

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