Bericht vom Jahrestreffen der ostdeutschen SPD-Linken in Leipzig am 5. Juni 2011

05.06.2011: Anlass für diesen Termin wie für den Ort unserer Tagung war der 80. Jahrestag des Leipziger SPD-Parteitages vom 1.-5. Juni 1931, des letzten Parteitages vor dem Faschismus, der sehr optimistisch , kämpferisch verharmlosend mit dem Faschismus umging, andererseits durch rigides Rauswählen der Parteilinken, der Klassenkampf/SPW-Gruppe aus den Parteigremien die Einheit der Partei entscheidend schwächte.

Der Termin war ungewöhnlich, weil er am Wochenende nach Himmelfahrt stattfand. Andererseits ist in diesem Jahr 2011 nichts gewöhnlich, mit den vielen (teils überraschenden) Wahlergebnissen, die eine gesellschaftliche Veränderung der Bundesrepublik 2011 möglich werden lassen. Ein extrem spätes Pfingsten und Himmelfahrt machte es notwendig, aber auch möglich, über solch ungewöhnliche Termine nachzudenken.

Eine kritische Aufarbeitung unserer Fehler der vergangenen Jahre ist noch lange nicht abgeschlossen, auch wenn die Parteistrategie uns diese Botschaft suggeriert. Wir können ein solches Lernen nur durch konsequente Strategien und Vermeiden von Fehlern in den kommenden Wahlkämpfen vermeiden. Nur so können wir Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Handeln ist momentan sehr dringend und zwingend erforderlich.

Die Finanzkrise ist noch lange nicht vorbei. Welche Konsequenzen sind eigentlich real gezogen worden. Wir sitzen momentan als Vize-Exportweltmeister und als europäischer Bremser auf einem heißen Feuerstuhl. Notwendige Investitionen im Bildungswesen stehen einer Verarmung der Kommunen, und der Schuldenbremse gegenüber. Sinkende Arbeitslosenzahlen korrespondieren mit wachsender Altersarmut und zunehmende Zahlen von Aufstockern auf dem Arbeitsmarkt sind fatal.

Öffentliche Armut und privater Reichtum fordern ernsthafte Forderungen nach neuen Finanzierungen. Jede politische Veränderung der Bundesrepublik in unserem Sinne fordert nach einem neuen Steuersystem, nach Belastung der Reichen, nach Vermögenssteuer, nach Einschnitten und Eingriffen ins europäische und internationale Bankensystem. Rainer Land referierte über die SPD als Teil der Mosaik-Linken, über Cross Over und die Perspektiven von rot-rot-grün in 2011, über unsere gesellschaftspolitische Strategie vor der Bundestagswahl 2013 und vor allem über ökologische Modernisierung.

Dazu gehört unbedingt eine Ressorceneffizienzrevolution als Voraussetzung für weiteres notwendiges und auch mögliches Wachstum. Daraus resultiert die Chance einer größeren Teilhabe der Arbeitnehmereinkommen am erzielten gesellschaftlichen Mehrwert. Die dadurch verstärkte Konsumnachfrage ist wiederum Motor für eine weitere Wachstumsentwicklung. Für Deutschland ergeben sich daraus konkret vor allem die Notwendigkeit eines stärkeren Reallohneinkommens und eine neue konsequente, ökologische Steuerreform.

Rudi Borchert (stellv. Fraktionsvorsitzender der SPD in M-V) berichtete über Erwartungen der ostdeutschen SPD-Linken an eine erneuerte SPD. Dazu gehören u. a.: Eine ökologische Wirtschaftspolitik, ein flächendeckender Mindestlohn, Korrekturen an der Hartz IV und Rentengesetzgebung, die schnellstmögliche Angleichung des Rentenwertes Ost an West, eine höhere Vermögensbesteuerung mit dem Ziel, die Handlungsfähigkeit des Staates zu verbessern und eine größere Verteilungsgerechtigkeit zu erreichen.

Weiterhin die Sicherung der Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger und der schnellstmögliche Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Verabredet wurde , beim nächsten Treffen der ostdeutschen SPD-Linken im Januar 2012 konkrete Forderungen an das zukünftige Bundestagswahlprogramm für 2012 zu erarbeiten. Sehr informativ waren die Berichte aus den einzelnen ostdeutschen Landesverbänden. Die ganze Veranstaltung fand am historischen Ort des Leipziger Parteitages 1931 statt. Die Atmosphäre war klasse.

Dass im Haus des alten Volkshauses ein Kaffee „Volkshaus“ seinen Sitz hat, in dem wir brunchen und kommunizieren konnten, aber auch ein historischer Garten, in dem wir bei dem schönen Wetter unsere Tagung verlegen konnten, passte gut. An dieser Stelle einen herzlichen Dank an die sächsischen Genossinnen und Genossen, vor allem an Daniela Kolbe für die Organisation.

Am Vortag hatten wir auf einem historischen Stadtrundgang mit Anja Pohl aus Leipzig historische Stätten der Leipziger Arbeiterbewegung besichtigt: eine Gründungsstätte des ADAV, den Ort des Leipziger Hochverratsprozesses gegen August Bebel und Wilhelm Liebknecht 1873, die Stätte des Prozesses gegen Georgi Dimitroff, den Sitz der Leipziger Volkszeitung etc.

Wir stellten unsere kleine Broschüre zum 80 Jahrestag des Leipziger Parteitages vor und sahen den Film „Streiter heraus, Kämpfer hervor“ zum Parteitag, den der damalige Parteivorstand erstellt hat. Leider konnte Peter Brandt seinen geplanten Beitrag nicht erstellen, aber Franz Walter hat geschrieben. Diese Broschüre hatte Michael Karnetzki aus Berlin für uns erstellt. Diese Broschüre könnt ihr für 5.- € bei der DL21 erhalten.

Mit Monika Kirst besichtigten wir auf dem Boden des Volkshauses die Ausstellung zum Volkshaus; dieses ist inzwischen von verdi zurückgekauft, aber die Zukunft des Gartens und des anschließenden Geländes ist wieder unklar.

B. Zimmermann

Zugehörige Dateien:
SPD OSTPLEIN2011-Bericht (2) 22-06-2011.docDownload (25 kb)
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