Rien ne va plus im Spielkasino des Finanzkapitalismus? - Welche Lehren aus der Finanzkrise zu ziehen sind.

30.04.2008: Das Pokerspiel im globalen Kasino-Kapitalismus ist nicht aufgegangen. Die Politik muss daraus nun ihre Lehren ziehen, um Gefahren für die wirtschaftliche Entwicklung abzuwehren.

Die Turbulenzen auf den internationalen Finanzmärkten halten Wirtschaft und Politik weiter in Atem. Beinahe täglich müssen Banken auf der gesamten Welt Milliarden-Abschreibungen verkünden. Wie hoch die bisher noch nicht entdeckten Risiken in den Büchern der Banken sind, lässt sich nur vermuten. Besser gesagt: Nur befürchten. Auch ein Überspringen vom Immobilienmarkt auf die Märkte für Automobil- und Konsumentenkredite kann nicht ausgeschlossen werden. Die größte Gefahr für die Wirtschaftsentwicklung besteht jedoch durch ein mögliches Übergreifen der Krise vom Finanzsektor auf die Realwirtschaft. Die USA drohen bereits in eine Rezession abzugleiten. Dies hätte auch Auswirkungen auf das Wachstum in Europa. Sicher ist, dass die Auswirkungen der Finanzkrise die politische Debatte bis weit in das Jahr 2009 bestimmen werden. Die gegenwärtige Finanzkrise darf eigentlich niemanden wirklich überraschen. Die Risiken und Gefahren waren lange bekannt. Vermeintliche "Pessimisten" und "Schwarzseher" haben lange vor dem Crash gewarnt, wenn die Karten im globalen Pokerspiel auf den Tisch gelegt werden müssen. Viele Marktradikale glaubten jedoch, das bessere Blatt in den Händen zu halten. Dieser Bluff ist nun geplatzt. Der ökonomische Realismus hat letztlich Recht behalten. Die Krise ist auch Beleg dafür, dass das Problem des internationalen Finanzkapitalismus sich nicht auf einzelne schwarze Schafe bzw. "Heuschrecken" reduzieren lässt. Das Problem ist vielmehr die fatale System-Logik, jede sich bietende Renditechance radikal auszunutzen, ohne Rücksicht auf die Risiken für die Wirtschaft und ohne Verantwortungsgefühl für die betroffenen Menschen. Aufgrund von Erwartungen und Spekulationen, die oft nicht mehr viel mit den Entwicklungen in der Realwirtschaft zu tun haben, werden die Einsätze im globalen Kasino-Kapitalismus gespielt. Im Gegensatz zum Kasino in der realen Welt gilt hier jedoch: Die Bank gewinnt nicht immer. Im Gegenteil: Die Bank kann auch Bankrott gehen.

Dabei dürfen wir feststellen: Die schlimmsten Befürchtungen über mögliche Auswirkungen einer globalen Finanzkrise sind bisher (noch) nicht eingetreten, auch weil die internationale Kooperation deutlich effizienter funktioniert, als zu Zeiten des großen Börsencrashes 1929. Die gegenwärtige Krise zeigt aber auch die Grenzen und die Kosten des finanzmarktpolitischen Krisenmanagements auf. Die amerikanische Notenbank konnte zwar noch die Rettungsaktion der fünftgrößten US-amerikanischen Investmentbank Bear Stearns unterstützen, aber das Vertrauen in die finanzielle Solidität der Banken konnte sie selbst durch das Zuführen von Liquidität nicht mehr sichern. Auch der Handlungsradius der Europäischen Zentralbank ist eingeschränkt angesichts des Spannungsfeldes der Herausforderungen von Finanzmarktkrise und sich abzeichnender Abschwächung der Konjunktur einerseits sowie der anhaltend hohen Inflation im Euroraum andererseits. Angesichts dieser Situation haben selbst die hartgesottensten Jünger unregulierter Märkte und die lautstarken Propagandisten absoluter Staatsferne auf der ganzen Welt jetzt den Staat zur Hilfe gerufen. Und dem Ruf wurde gefolgt - vielfach auch zu Recht. Die große Unsicherheit über die weiterhin versteckten Risiken und die nicht absehbaren Folgen eines Bankenzusammenbruchs können ein staatliches Eingreifen notwendig machen. Dies ist aber nur unter bestimmten Bedingungen und Voraussetzungen gerechtfertigt. Der Staat kann sich nicht in eine Rolle drängen lassen, in der er als reine Rückversicherung für fehlgeschlagene Spekulationsprojekte fungiert. Grundsätzlich müssen diese Investoren die Konsequenzen selber tragen, auch wenn sie dadurch vom Markt verschwinden. Dennoch kann es in Ausnahmesituationen im gesamtwirtschaftlichen Interesse auch geboten sein, staatlich zu intervenieren. Dies verursacht aber für den Steuerzahler enorme milliardenschwere Kosten. Staatliches Engagement ist nur zu rechtfertigen, wenn über das kurzfristige Krisenmanagement hinaus wirksame Maßnahmen ergriffen werden, um ähnlich gelagerte Fehlentwicklungen soweit wie möglich für die Zukunft zu unterbinden.

Das komplette Papier im Anhang

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