Anmerkungen zu Ralf Wieland

21.01.2009: Replik von Mark Rackles auf "Gute Vorsätze für 2009: Zulegen statt abnehmen" (Berliner Stimme und Morgenpost vom 17.01.2009)

Der Berliner SPD-Abgeordnete Ralf Wieland ist unzufrieden mit der Berliner SPD und tut dies erst in der Berliner Stimme vom 17. Januar und zeitgleich über die Morgenpost vom 17. Januar der erstaunten Öffentlichkeit kund. Angesichts der eher schwierigen Situation der Bundes-SPD und der im Vergleich durchaus stabilen Berliner SPD stellt sich die Frage, warum sich Ralf gerade jetzt öffentlich auf Kosten der Partei erleichtern muss. Noch vor fünf Jahren hätte Ralf in seiner Eigenschaft als Landesgeschäftsführer der Berliner SPD jeden verantwortlichen Funktionär bzw. Mandatsträger in die Mangel genommen, der ohne Not die Partei öffentlich herunterredet. Jetzt lässt er als exponierter SPD- Mandatsträger in politischer Verantwortung (Vorsitzender Hauptausschuss) über die Morgenpost festhalten, dass nach seiner Meinung der Berliner SPD der Wille zur 35%-plus-Partei fehlt, die Partei als Motor lahmt, der innerparteiliche Schulterschluss fehlt, das Thema Berliner Schule den Konservativen überlassen wird und im Bereich Integrationspolitik eine schlüssige Antwort fehlt.

Selbst wenn man über den unguten Zeitpunkt und Stil mal hinwegsieht und seine Kritik ernst nimmt, mündet seine Lösung in etwas eigenartig und kleinteilig anmutenden Vorschlägen: a) Weiterentwicklung der haupt- und ehrenamtlichen Ebene, b) Planung Mitgliederwerbekampagne im Wahljahr 2009 und c) Angebote für Menschen "jenseits des rot-roten Milieus" machen. Ein Anruf bei seinem Kreisvorsitzenden und stellvertretenden Landesvorsitzenden Christian Hanke hätte genügt, um festzustellen, dass a) und b) bereits laufen bzw. für 2009 gemäß Landesvorstandsbeschluss vorgesehen sind und c) u.a. auch eine (zum Teil bereits angegangene) Aufgabe der Fraktion ist, der er in verantwortlicher Position angehört.

Wenn man bedenkt, dass hier ein langjähriger und aktiver Landespolitiker spricht, der zudem noch aktuell für den Bundestag kandidieren will, dann ist das völlige Fehlen politisch-inhaltlicher Aussagen bzw. Forderungen erstaunlich. Wenn das politische Angebot von MdB Wieland in spe zur Integrationsfrage in der Aussage besteht, dass "Gesundbeten keine Antwort ist", dann ist dieser vermeintliche Ratschlag an die Partei entbehrlich. Es zeugt aber auch von einer erstaunlichen Ignoranz gegenüber den aktuellen und jüngeren innerparteilichen und öffentlichen Debatten der Berliner SPD und der Fraktion zu Themen der Integrationspolitik. Gerade haben der Senat und die Partei an der Frage der Hauptschulen ein hohes Maß an Problembewußtsein und Entscheidungsfähigkeit bewiesen und dann kommt der Genosse Wieland und spricht von "Gesundbeterei". Vielen Dank auch!

Man könnte den ganzen Artikel als das übliche Geplänkel im Vorfeld einer Bundestagskandidatur abtun und ignorieren. Andererseits darf man aber auch nicht unterschätzen, wie nachhaltig diese wiederholte Strategie von leicht populistischen öffentlichen Angriffen der Parteirechten auf die Arbeit von Partei und Senat wirkt. Innerparteiliche Solidarität steht zumindest nicht im Vordergrund öffentlicher Verlautbarungen der im "Aufbruch" organisierten Parteirechten, was in sensiblen Politikbereichen wie Bildung, Integration oder in den nächsten Wochen auch ProReli/Ethik zunehmend zum Problem werden könnte.

Schließlich sei auch der Hinweis erlaubt, dass Ralf Wieland in seiner Zeit als Landesgeschäftsführer (1999 -2004) in Berlin einer der wichtigsten Akteure bei der parteiinternen Durchsetzung der Agenda 2010 in Berlin war. Daran sei nur erinnert, weil die historischen Mitglieder-, Wähler- und Profilverluste, mit denen die SPD (mittelbar auch in Berlin) bis heute zu kämpfen hat, m.E. auch mit den Folgewirkungen der damaligen auch von ihm verantworteten Politik zu tun haben. Vor diesem Hintergrund wirkt die Forderung nach dem Projekt "35% plus x" ohne jede eigene inhaltliche Positionierung (oder gar Selbstkritik) etwas flach. Niemand hat etwas gegen "Zulegen statt abnehmen", aber ein Politiker, der die Öffentlichkeit so aktiv sucht, sollte zu ein bis zwei konkreten Aussagen fähig sein. Diese Bewertung muss letztlich aber die Wahlkreiskonferenz der SPD-Mitte Ende des Monats vornehmen. Ob "35% plus x" da das richtige Motto ist, darf bezweifelt werden ...

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