Das Wirrwarr geht weiter!

25.03.2009: Neuordnung der Jobcenter - für Wahlkampfzwecke ungeeignet (von Frank Kirstan)

In der politischen Auseinandersetzung um das Gesetz zur Errichtung der Zentren für Arbeit und Grundsicherung (ZAG) spielen Inhalte offensichtlich kaum noch eine Rolle. Anders ist nicht zu erklären, dass nicht nur wir als SPD objektive Mängel des Gesetzentwurfs ausblenden sondern uns lieber auf dem politischen Parkett dafür einsetzen, irgendwie noch einen Kompromiss zu erzielen. Nach dem Motto: Wir beweisen Handlungsfähigkeit.

Warum wollen wir einer Regelung zustimmen, die eine Trennung der Rechtskreise SGB II und SGB III manifestiert? Wie sollen rund 370 eigenständige Verwaltungseinheiten eine einheitliche Rechtsanwendung und Rechtssicherheit im Sinne der Erwerbslosen erreichen? Wie wollen wir dem Verfassungsanspruch gerecht werden, auch mit den Mitteln der Arbeitsmarktpolitik auf einheitliche Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik hinzuwirken? Warum wollen wir den Beiräten weiterhin lediglich die Zuschauerrolle zuweisen anstatt sie in ihren Rechten zu stärken?

Ist es zu verantworten, dass die SPD mit den ZAG die Mitbestimmung und Tarifautonomie schwächt? Tarifverträge sollen per Gesetz verordnet und bestehende Personalvertretungsstrukturen zerschlagen werden. Gänzlich unmöglich erscheint bei diesem Konstrukt, Personalentwicklung für rund 60.000 betroffene Kolleginnen und Kollegen zu organisieren. Wie soll zum Beispiel ein qualitativer und quantitativer Personalausgleich zwischen 12 selbständigen Berliner Jobcentern stattfinden, wenn für jeden Wechsel ein neuer Arbeitsvertrag abzuschließen ist?

Darüber hinausmüssen wir uns als politische Klasse ernsthaft die Frage gefallen lassen, warum wir für die Ausgestaltung der öffentlich rechtlichen Arbeitsverwaltung das hohe Gut der Verfassung antasten?

In diesem Zusammenhang lohnt sich der Blick auf die Beratungen zwischen Bundeskanzleramt, BMAS, BMJ und BMF. Über das Ergebnis wurde der Ausschuss für Arbeit und Soziales des Bundestages mit der Ausschussdrucksache 16 (11) 1162 am 04.11.08 unterrichtet. Hier wird die Errichtung von Zentren für Arbeit und Grundsicherung (ZAG) mit verfassungsrechtlicher Verankerung als Mischbehörden zur Fortschreibung des bisherigen ARGE-Modells präferiert, also nicht 370 ZAGs als Anstalten öffentlichen Rechts.

Meines Erachtens ist das nicht der Weisheit letzter Schluss, jedoch bestimmt das kleinere Übel und eine gute Diskussionsgrundlage. Darüber hinaus ist es zu begrüßen, dass sich Olaf Scholz mit dem Vorstand der BA auf eine Verlängerung der bereits 2009 endenden Verträge (Berlin zählt dazu) bis 2010 abgestimmt hat. Damit ist zumindest etwas Zeit gewonnen, um jenseits aller Wahlkampfaktivitäten an einer hoffentlich sinnvollen Lösung zu arbeiten.

Eine Vision sollten wir jedoch als SPD nicht aufgeben, die Vermittlung, Beratung und Leistungsgewährung aus einer Hand!

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