Linke Impulse für ein erfolgreiches Wahljahr 2009

07.01.2009: Von Björn Böhning, Sprecher der SPD-Linken

Die Welt steht vor einer historischen Wende. Das marktradikale Zeitalter wird abgelöst durch ein Zeitalter der Nachhaltigkeit und solidarischen Globalisierung. Sozialdemokratische Antworten und sozialdemokratische Verantwortung sind jetzt gefragt. Die Sozialdemokratie ist gefordert, den längst überfälligen Paradigmenwechsel weg von einem auf kurzfristigen Profit orientierten Finanzmarktkapitalismus hin zu einer neuen nachhaltigen Weltwirtschaftsordnung konzeptionell zu entwickeln und politisch zum Durchbruch zu verhelfen. Themen wie Wirtschaftsdemokratie, der soziale Aufstieg ganzer Bevölkerungsgruppen, die Regulation des Finanzmarktkapitalismus sowie Industrie- und Wirtschaftssteuerung sind unter veränderten Vorzeichen wieder neu zu stellen. Statt eines neoliberalen "weiter so" müssen die fortschrittlichen Kräfte den Primat der Menschen über den ungezügelten Markt stellen. Das ist die Richtungsentscheidung am Beginn des Wahljahres 2009.

Die aktuelle Finanzkrise ist vom finanziellen Umfang, dem ungeheuerlichen Ausmaß der Kosten und der Vielzahl der betroffenen Länder her unbestritten größer als jede andere in der Geschichte der Finanzkrisen und Spekulationsblasen der modernen Industrie- und Finanzgeschichte. Es gilt jetzt die Regeln neu aufzustellen, nach denen die Akteure auf den Finanzmärkten handeln und beschlossene Pfade zur Regulierung der Finanzmärkte konsequent zu beschreiten. Wir werden verhindern, dass nach einer vorübergehenden Phase der Einsicht und Buße Spekulanten, Banker und Hedge-Fonds zu ihrem tradierten Verhalten zurückkehren. Ohne klare - auf Nachhaltigkeit angelegte - Regeln wie z.B. das Verbot von Derivaten und Leerverkäufen, und eine klare Orientierung des Finanzmarktes auf die Bedürfnisse der Realwirtschaft, steigt die Gefahr, dass die nächste Krise schon heute angelegt wird.

Da der deutsche Bankenschirm bisher nicht die erhoffte Wirkung gezeigt hat, sollte die Bundesregierung die Bedingungen für die Inanspruchnahme des Schutzschirms verbessern und z.B. eine Mindesteigenkapitalquote für Banken festlegen, bei dessen Unterschreiten das Rettungspaket in Anspruch genommen werden muss.

Der Finanzcrash hat die Realökonomie erreicht. Um diese Entwicklung abzumildern wurden Rettungsschirme für die Finanzinstitute aufgespannt und Konjunkturprogramme aufgelegt. Weitere Schritte müssen folgen. Nur durch die Kombination eines massiven kurzfristigen Maßnahmepakets mit tiefgreifenden langfristigen Strukturveränderungen in sowohl regulatorischer als auch verteilungs- und sozialpolitischer Hinsicht kann die Krise gelöst werden. Hierzu bedarf es auch einer transnationalen politischen Handlungsebene für die weltweite und europäische Wirtschaft mit international demokratisch verfassten Strukturen und klarer Aufgabenstellung und Ausrichtung.

Wir brauchen eine Politik, die Zuversicht vermittelt und einen verlässlichen Anker für die berechtigten Hoffnungen und Wünsche bietet. Wir wollen die Herausforderungen der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise annehmen und sie aktiv gestalten, um aus ihr gestärkt hervor zu gehen. Mit Unverständnis verfolgen wir die Zurückhaltung, die Stimulierung der Konjunktur aktiv anzugehen. Die Zurückhaltung der Bundeskanzlerin zeigt, dass Frau Merkel daran kein wirkliches Interesse hat. Jetzt aber ist entschlossenes Handeln, statt Zögerlichkeit oder das starre Festhalten an illusorischen haushalterischen Zielen, gefragt.

Eine Art "New Deal" muss die reine Exportorientierung bisheriger Wirtschaftspolitik korrigieren. Die durch sie ausgelösten weltwirtschaftlichen Ungleichgewichte sind nicht nur mit verursachend für die Aufblähung der Finanzmärkte, sondern fallen jetzt aufgrund ihrer hohen Verletzlichkeit auf die gesamte deutsche Volkswirtschaft zurück. Stattdessen ist eine Stärkung der Kräfte des Binnenmarktes erforderlich. Die vor uns liegenden Aufgaben erfordern mehr finanzielle Ressourcen für die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden. Eine Absenkung der Steuerquote wäre deshalb kontraproduktiv, eine Umschichtung der Steuerlasten ist hingegen dringend geboten.

Als SPD-Linke unterstützen wir die Vorschläge von Frank-Walter Steinmeier zur Stützung der Konjunktur. Sie sind ein wichtiger Aufschlag, um den verpuffenden Steuersenkungsphantasien der Union einen Konterpunkt zu setzen.

Der drohenden Rezession muss auf zwei Wegen begegnet werden:

  • Sowohl zur möglichst wirksamen Stärkung der Binnennachfrage als auch aus
  • Gründen sozialer Gerechtigkeit brauchen wir eine gezielte Stützung der unteren Einkommen.

  • Wir brauchen ein schnell wirksames Programm zur massiven Ausweitung
  • der öffentlichen und privaten Investitionen z.B. um Anstöße zur Überwindung der sich zuspitzenden Klima- und Ressourcenkrise zu geben.

Wir brauchen kein Strohfeuer, sondern ein mehrdimensionales Aktionsprogramm, das sowohl die Konjunktur stabilisiert, notwendige Zukunftsinvestitionen für Bildung, Infrastruktur und Umwelt auf den Weg bringt, die soziale Sicherheit garantiert und die Finanzierungsgrundlage sowie die Gestaltungsmacht über öffentliche Güter herstellt. Ein Beitrag der Vermögenden in unserem Lande ist dafür unerlässlich. Die Vermögenssteuer muss wieder auf den Tisch. Die Erhöhung der Reichensteuer muss kommen und darf gegenüber der Union nicht als Verhandlungsmasse missbraucht werden.

Nach wie vor skeptisch sind wir als SPD-Linke gegenüber der Schuldenbremse. Für uns ist völlig klar: Eine Schuldenbremse, die das aktive konjunkturelle Agieren des Staates einschränkt, ist mit uns nicht zu machen. Eine Schuldenbremse, die schlicht die Neuverschuldung auf 0,5% des BIP beschränkt, ist politischer und ökonomischer Unsinn. Eine Einschränkung der Handlungsfähigkeit des Staates durch die Schuldenbremse darf es nicht geben.

Konjunktur stabilisieren und Arbeitsplätze schützen, Finanzmärkte neu regulieren sowie demokratisches Wirtschaften ausbauen - mit diesem Credo muss sich die SPD der Zeitenwende stellen!

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